Kolpingsfamilie Vohburg e.V.

Agnes Bernauer Festausschuss Griesstr. 41,
85088 Vohburg

Gedanken zum Plakat der Agnes-Bernauer-Festspiele 2005

Die Donau – Schicksalsfluss der Agnes Bernauer? Diese Frage, dieser Gedanke steht im Zentrum des aktuellen Plakats für die Agnes-Bernauer-Festspiele 2005.
Die wohl glücklichste Zeit im kurzen Leben der Augsburger Baderstochter mit Herzog Albrecht III auf der Vohburg, hoch über der Donau gelegen, ihr tragischer, gewaltsamer Tod in selbigem Fluss bei Straubing scheinen diese Gedanken zu rechtfertigen.
Demnach zeigt das neue Plakat das Bildnis einer schönen, fürstlich gekleideten jungen Frau vor dem Hintergrund eines historischen Kartenausschnitts, der den ursprünglichen Donaulauf mit seinen zahlreichen, stark verästelten Nebenflüssen zwischen Ingolstadt und Vohburg widerspiegelt. Diese Karte stellt die Insellage Vohburgs zwischen zwei Donauarmen dar.
Der Blick der jungen Frau ist nach rechts, donauabwärts zur Vohburg hin gerichtet und versinnbildlicht die Bernauerin am Höhepunkt ihres Lebens – die „Duchessa", die Herzogin sozusagen von Bayern-München. Doch die vielen Donauarme, die in Höhe von Kinn, Hals und Brust des Frauenbildnisses hervorquellen, um sich sodann im breiten Donaustrom zu bündeln, könnten das Schicksal der Augsburger Baderstochter – ihren jähen Tod in der Donau – vorwegnehmen. Die Wasseradern scheinen förmlich nach ihr zu greifen, um sie fortzuspülen.
Der Kartenausschnitt stammt aus den „Bairischen Landtafeln", die der Gelehrte und Buchdrucker Philipp Apian im Jahre 1568 als Atlas in Ingolstadt druckte. Er erfasst die Region um Vohburg, im Norden bis Kösching, im Süden bis Pfaffenhofen reichend. Das Frauenbildnis, das auf dem Plakat stellvertretend für die Agnes Bernauer steht, schuf Domenico Ghirlandaio im Rahmen großartiger Chorfresken ab 1486 in der Kirche S. Maria Novella in Florenz. Ghirlandaio, ein Meister der italenischen Frührenaissance, führte Porträts für die Oberschicht von Florenz aus. Seine Vorliebe für eine möglichst realistische Darstellung des bürgerlichen Lebens in der toskanischen Stadt ging so weit, dass er selbst die religiösen Szenen in der Chorkapelle mit weltlichen Figuren der damals herrschenden Patrizierfamilien bevölkerte.
Der Agnes-Bernauer-Festausschuss wählte dieses Bildnis aus, weil seine Entstehungszeit sehr nah an die tatsächliche Lebenszeit der Augsburger Baderstochter heranreicht, wenngleich Ghirlandaio diese natürlich nicht malte.
Auch der in Martin Greifs Drama zum Ausdruck kommende Charakterzug der Bernauerin spiegelt sich in der Darstellung wider. Die rötlich-blonde, junge Dame mit ihrem hellen Teint scheint die Agnes Bernauer als herzogliche Gemahlin auf der Vohburg treffend zu repräsentieren. Sie wird in Greifs Stück von einem Augsburger Bürger mit zarter, heller Haut beschrieben: „...und als sie trank, sah' ich den Wein ihr durch den Hals hinab die Gurgel laufen". Darüber hinaus vermag das ernste und ruhige Antlitz der jungen Frau auch charakterlich die edle, aufrichtige und bescheidene Bernauerin des Martin Greif glaubwürdig wiederzugeben.
Bleibt zu hoffen, dass es dem Festausschuss mit diesem Plakatmotiv gelingt, die Betrachter in die Zeit und an den Ort des Geschehens zu „entführen", um den Stoff und die Protagonisten des Greif'schen Bernauerstückes noch näher kennen zu lernen.

Evi und Sepp Steinberger