Gedanken zum Titelbild der Vohburger Festspiele 2001

Von Agnes Bernauer und Herzog Albrecht III existieren keine wirklich gesicherten Bildnisse, die zu ihren Lebzeiten gemalt worden wären. Folglich prägten besonders seit dem 19. Jahrhundert romantisierende und mystifizierende Vorstellungen das Bild der Bernauerin, die von vermeintlich zeitnaher Gestaltung bis hin zum Biedermeiertypus in Haartracht und Kostüm reichen. Von Herzog Albrecht gibt es seit dem 18. Jahrhundert zahlreiche phantasievolle Darstellungen.

1965 platzierte der Vohburger Maler Konrad Schneider das Herzogspaar in Form von Brustbildern vor Donau und Veste Vohburg. Er vereinte den stopsellockigen Biedermeiertypus der Agnes, wie ihn ein Stahlstich von 1840 zeigt, mit einem Albrecht-Bildnis, das einem Kupferstich von 1773 entlehnt ist, und den Thronfolger mit federgeschmücktem Hut zeigt.
 
Bei der Bevölkerung Vohburgs und Umgebung hat das so dargestellte Herzogspaar Konrad Schneiders die bildliche Vorstellung von Agnes und Albrecht bis heute entscheidend beeinflusst.

Für die Plakatgestaltung der Agnes-Bernauer-Festspiele 2001 wollte der Festausschuss nicht wieder auf dieses zwar bekannte, aber eben doch stark vom Zeitgeist des 18. bzw. 19. Jahrhunderts geprägte Bildnis zurückgreifen. Vielmehr sollten Porträts gefunden werden, deren Entstehungszeit möglichst nah an die tatsächliche Lebenszeit von Agnes und Albrecht heranreichen. Auch die in Martin Greifs Drama zum Ausdruck kommenden Charakterzüge der beiden sollten sich nach Möglichkeit in den Darstellungen widerspiegeln. Die Suche endete schließlich zum einen bei der „Jungen Venezianerin“ von Albrecht Dürer, das der Künstler 1505, also exakt 70 Jahre nach der Hinrichtung der Bernauerin schuf. Es hat seinen Platz in der Gemäldegalerie Berlin.

Die rötlich-blonde, junge Dame mit ihrem milchig-weißem Teint scheint wie geschaffen dafür, die Agnes Bernauer als herzogliche Gemahlin auf der Vohburg zu repräsentieren, die in Greifs Stück von einem Augsburger Bürger mit zarter, heller Haut beschrieben wird: „...und als sie trank, sah' ich den Wein ihr durch den Hals hinab die Gurgel laufen.“ Darüber hinaus vermag das ernste und ruhige Antlitz der jungen Frau auch charakterlich die edle, aufrichtige und bescheidene Bernauerin des Martin Greif glaubwürdig zu repräsentieren.

Herzog Albrecht fand der Festausschuss im Bildnis eines jungen, dunkelhaarigen Edelmannes, das ein venezianischer Künstler im frühen 16. Jahrhundert schuf, und das sich in der Alten Pinakothek Münchens befindet. Die feinen Züge des jungen Mannes, der forsche, selbstbewusste Blick über die Schulter spiegeln Sinnesfreude und Charme wider, Wesenszüge des jungen Albrecht, der in die
Geschichtsbücher als ein „liebhaber der zarten frawen“ einging und dessen „Neigung zu holdsel'gen Frauen aller Art“ auch Martin Greif in seinem Bernauerstück erwähnt. Albrechts Mutter, eine geborene Visconti aus Mailand, könnte den dunklen Männertypus für Albrecht rechtfertigen.
 
 
Für die Plakatgestaltung wurde das venezianische Bildnis freilich seitenverkehrt eingearbeitet, um Albrechts Blick auf Agnes zu richten, die eindeutig im Vordergrund bzw. im Mittelpunkt der Handlung steht.
 
Der Hintergrund zeigt das Mauer umwehrte Vohburg mit Großem Donautor, hölzerner Brücke und imposanter Burganlage, wie es der Hofmaler Hans Donauer um 1590 wiedergab. Bei diesem Stich soll es sich um eine sehr realistische Darstellung der „Vohburg“ handeln.

Bleibt zu hoffen, dass es dem Festausschuss mit diesem aus der Synthese dreier Gemälde geschaffenen Plakat gelingen möge, die Betrachter in die Zeit und an den Ort des Geschehens zu „entführen“, um den Stoff und die Protagonisten des Greif'schen Bernauerstückes noch näher kennen zu lernen.